Verdichten? JA … aber nicht bei mir!

Verdichten? JA … aber nicht bei mir!
20. November 2023 raskin

In den letzten Monaten sind mehrere Immobilienprojekte auf starken Widerstand in der Westschweizer Bevölkerung gestossen. Viele sind besorgt, dass diese Projekte ihre Lebensqualität beeinträchtigen könnte. Dies ist verständlich, gleichzeitig gilt es aber zu bedenken, wie dringlich die aktuelle Situation ist: In der Schweiz gibt es zum Teil akute Wohnungsnot, die vor allem junge Menschen und Alleinerziehende betrifft. Darüber hinaus erfordert die steigende Lebenserwartung den Bau von altersgerechten Wohnungen für unsere ältere Generation. Kommt dazu, dass der Bedarf an Arbeitskräften in verschiedenen Schlüsselbereichen stetig wächst und es für diese dringend benötigten Arbeitskräfte auch neue Wohnungen braucht.

Wie kann man angesichts dieser komplexen Gemengelage die Akzeptanz der Bevölkerung für neue Immobilienprojekte erhöhen?

Verdichtung entdiabolisieren

Die Verdichtung wird in der Öffentlichkeit sehr oft als lästig empfunden. Sie ist aber vielmehr eine Chance für eine intelligentere und nachhaltigere Urbanisierung. Verdichtung verhindert die Zersiedelung, reduziert den CO2-Fußabdruck in den Städten, macht den öffentlichen Nahverkehr effizienter und schafft gemischtere und lebendigere Gemeinschaften. Trotz dieser offensichtlichen Vorteile haben es Verdichtungsprojekte regelmässig schwer akzeptiert zu werden.

Vertrauen, Akzeptanz und die Identifikation fördern

Durch unsere Mitarbeit an vielen bedeutenden Immobilienprojekten haben wir uns ein fundiertes Fachwissen angeeignet und Schlüsselfaktoren identifizieren können, welche die Akzeptanz für das notwendige Wachstum und Verdichtung des Immobilienangebots fördern können. Dazu gehören unter anderem:

  • Informieren und erklären.

Die Bürger verlangen einen besseren Zugang zu Informationen über die Entwicklung ihrer Gemeinde.  Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Projektentwickler und lokale Behörden bereits in der Planungsphase und in den ersten Phasen des Projekts eine klare und umfassende Kommunikation planen. Diese Kommunikation muss das öffentliche Interesse an der beabsichtigten Entwicklung unterstreichen. Dies tut sie, indem sie den Ort und die betroffenen Anwohner respektiert, und nicht die Identität eines Ortes, eines Dorfes, eines Viertels oder einer Stadt verfälscht. Vertrauen muss verdient und aufgebaut werden. Das Engagement der Gemeinschaft ist eine kollektive Angelegenheit.

  • Die Bevölkerung einbeziehen

Das aktive Engagement der Bürgerinnen und Bürger von Anfang an ist entscheidend für einen erfolgreichen Planungs- und Gestaltungsprozess von Projekten noch bevor ein Bebauungsplan oder ein Nutzungsplan entsteht. Dieser Miteinbezug der Bevölkerung kann durch öffentliche Konsultationen, kollaborative Workshops oder digitale Plattformen erfolgen. Diese sind keine Alibi-oder obligatorische Pflichtveranstaltungen ohne wirklichen Handlungsspielraum, wie sie heute allzu oft von den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen werden.

  • Neue Formen der Zusammenarbeit entwickeln

Es ist von entscheidender Bedeutung, neue Formen der Zusammenarbeit zwischen lokalen Behörden, Stadtplanern, Immobilienentwicklern und Bürgern zu erforschen und zu entwickeln. Der Graben zwischen „Experten“ und „Laien“ muss gefüllt werden, das Wissen, die Rollen und Beiträge aller beteiligten Akteure müssen neu bewertet werden. Diese neue Art von Zusammenarbeit wird ein gemeinsames Verständnis fördern und die Akzeptanz von Projekten begünstigen. Durch diese neue Form der Zusammenarbeit und Abstimmung unter allen Beteiligten gewinnen Bauprojekte an Glaubwürdigkeit

Die Skepsis der Bevölkerung gegenüber neuen städtischen Projekten zu überwinden, erfordert einen partizipativen und respektvollen strategischen Ansatz, der sich nicht auf die Gestaltung öffentlicher Räume, die Anzahl zu pflanzender Bäume oder die Zahl von Parkplätzen beschränkt. Indem Projektentwickler auf eine vorausschauende und verantwortungsvolle Kommunikation setzen und eine echte Bürgerbeteiligung ermöglichen, können sie künftige Ablehnung, Opposition, Einsprachen und Referenden vermeiden. Diese entstehen häufig wegen schlechter Antizipation und weil der Öffentlichkeit zu wenig Gehör geschenkt wird. Das Resultat: Mangelnde Zustimmung oder Ablehnung eines Bauprojektes. Das verdichtete Bauen muss mit einem gemeinschaftlicheren und inklusiveren Ansatz neu angegangen und gedacht werden. Nur so wird der Weg geebnet für eine besser verstandene, nachhaltigere, Stadtentwicklung, die für unsere Kinder, unsere Wirtschaft und unseren Wohnraum unerlässlich ist.

Alex Segovia, Partner

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